Bollywood und Realität. Eigentlich etwas, das nicht miteinander vereinbar ist. Zumindest dann nicht, wenn man sich immer an der RTL2-Bollywood-Hysterie orientiert hat. Das es auch anders geht, hat Regisseur Ram Gopal Varma schon des öfteren unter Beweis gestellt. Sein neuer Film SHIVA spielt in einer Welt, welche das tägliche Leben der indischen Bevölkerung aufs Brutalste widerspiegelt. Kriminalität, Korruption und die alltägliche Gewalt in den Straßen Mumbais (z. B. Säureattentate, Mafia-Attentate) werden dem Zuschauer ungeschönt aufgezeigt.

Mit Beginn des Filmes startet auch die Brutalität. Auf offener Straße findet eine Hinrichtung statt. Unter den Augen des Polizeichefs, der dabei genüsslich sein Mittagessen verspeist.

Zur gleichen Zeit tritt Shiva frisch von der Polizeischule seinen Dienst an. Schlafende Polizisten und Kriminelle, die mit den Inspektoren darüber verhandeln, wer verhaftet werden darf und wer nicht sind das Erste, was er vom Polizeialltag mitbekommt. Die allgegenwärtige Korruption wird von der Bevölkerung als normal empfunden, was durch Shivas Tante verdeutlicht wird. Sein Onkel hat ihm die Ausbildung finanziert und Shiva wohnt bei ihnen. Seine Tante will natürlich jetzt etwas davon haben und beschwert sich, dass Shiva nur das normale Gehalt nach Hause bringt, während sich die Nachbarn alles mögliche leisten können, obwohl der Mann nur Verkehrspolizist ist.

Die Protagonisten und Antagonisten werden schnell deutlich. Shiva hat mit seinem Gerechtigkeitssinn bei seinen Vorgesetzten keinen besonders guten Stand und auch seine Kollegen ziehen zunächst nicht mit. Erst in der Journalistin Sandiyaha findet er eine Verbündete. NAtürlich (soviel Bollywood muss sein) verlieben die beiden sich ineinander. Wie sehr das System durch Korruption verseucht ist, wird durch Bappu verdeutlicht. Der (Ex-)Kriminelle ist jetzt Politiker und dort mit den gleichen Methoden nicht weniger erfolgreich. Seine Vertrauten sind dabei die gleichen geblieben. Shiva beginnt, sich gegen seine Vorgesetzten durchzusetzen und versucht Bappu dingfest zu machen. Im Verlauf des Filmes taucht Shiva immer weiter in den Korruptions-Sumpf ein und gibt schließlich seine Marke ab, um auf eigene Faust weiter zu kämpfen.

Action wird in diesem Machwerk von Ram Gopal Varma groß geschrieben. Das ist allerdings auch gut so, da die Schauspielerische Leistung der Hauptdarsteller Mohit Ahlawat (Shiva) und Nisha Kothari (Sandiyaha) nicht wirklich überragend ist. Allerdings schafft Varma es, diese Mankos mit einer überragenden Story, durchdachter Action und großartiger Kameraarbeit mehr als wett zu machen.

Typische Bollywod-Elemente gehören natürlich dazu und so wird auch in diesem Film wieder gesungen und getanzt. Allerdings muss angemerkt werden, dass z. B. der Song „Police, police“ trotz allem fröhlichen Rumgetanze extrem gesellschaftskritisch ist.

Aber auch Humor und vor allem Selbstironie kommen in SHIVA nicht zu kurz. Im Stammlokal der Polizisten um Shiva arbeitet ein Kellner, der von allen nur „Bollywood“ genannt wird, da er eigentlich Schauspieler werden wollte, es aber nicht weiter als bis in dieses Restaurant geschafft hat. Passend dazu trägt er ständig T-Shirts mit dem Bild von Bollywood-Superstar Shah Rukh Khan.

SHIVA bietet eine extrem gute Mischung aus Action-Film und Sozialdrama, gespickt mit einer Bollywood-typischen Liebesgeschichte. Bollywood macht sich und hat endlich einen Bereich für sich entdeckt, den es jahrelang sträflich vernachlässigt hat: die Realität.

Humor	Action	Gefühl	Spannung		ANSPRUCH	Erotik	Besetzung
FILM				DVD-EXTRAS