Doku-DVD


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Titel:

BLANK CITY

Website: www.blankcityfilm.com

Vertrieb:

Rapid Eye Movies

Stil:

Dokumentation

VÖ: 

03.05.2013

Prod.-Land/Jahr:

USA 2010

Regiseeur:

Céline Danhier

Darsteller/Künstler:

John Waters, Jim Jarmusch, Steve Buscemi, Eric Mitchell, Beth B, Debbie Harry, Charlie Ahearn, Lizzy Borden, Amos Poe u.v.a.

Spieldauer:

ca. 96 min.

FSK

ab 12

Bildformat:

1.78:1 in 16:9

 

Sprachen:

  • Englisch Dolby Digital 5.1

Untertitel:
  • Deutsch

Bonusmaterial:
  • Interview mit Céline Danhier
  • Deleted Scenes
  • Outtakes
  • Kinotrailer
sonst.Besonderheiten:
  • Posterbeilage

 

 

Die Story:

BLANK CITY ist ein Liebesbrief an eine Generation ungestümer Filmemacher und ihren Wirkungsort New York City. Bis in die 80er Jahre war Manhattan eine Brache mit billigen Mieten und Drogen, eine Brutstätte unabhängigen Kunstschaffens. Hier trafen sich junge Regisseure wie Jim Jarmusch und John Waters, um mit Musikerinnen wie Debbie Harry und Lydia Lunch wilde, richtungsweisende Independent-Filme zu drehen.
BLANK CITY bringt Zeitzeugen zusammen und porträtiert die Geschichte des "No Wave Cinema" und des „Cinema of Transgression“, einer einmaligen Underground-Filmbewegung, und ein ungekannt schroffes New York der 70er.

 

"It felt like our lives were movies!"

Debbie Harry

 

 

"Everyone here is in a band"

 

Die Inhaltsangabe gibt es völlig richtig wieder, wenn da von einem Liebesbrief die Rede ist. Musik-/Künstlerdokumentationen haftet ja leider oft ein anhimmelnder Charakter seitens der Macher oder Ego-Masturbation der Dokumentierten an. Dies ist in BLANK CITY nicht anders, aber stört auch nicht zwingend. Denn dieser Liebesbrief entlarvt sich selbst in dem er (unfreiwillig?) die Mankos der Geliebten und der Verfasserin offen legt.

Céline Danhier hat in mühevoller Arbeit und penetranter Weise (siehe Outtakes!) ein stimmiges Bild der späten 70er / frühen Achtziger in Manhattan gezeichnet. Zunächst präsentiert Sie uns einen heruntergekommenen, hochverschuldeten und gefährlichen Ort voller Kakerlaken und Ratten (tolles Zitat: „Ratten sind die toten Seelen der Vermieter!“). Dieser Ort wird zum künstlerischen Nährboden für eine undefinierte Gruppe von ziellosen Menschen.

Mit billigen oder geklauten Kameras fangen die jungen, dünnen Menschen an Filme zu drehen und spielen Bands mit kaputten Instrumenten einfach mal drauflos. Einfach mal machen, lautet die Devise.

Um die Geschichte zu erzählen changiert Danhier zwischen den Disziplinen Film, Musik und bildende Kunst. Wobei Film eindeutig im Vordergrund steht. Dabei präsentiert sie immer ein zentrales Werk (oder Band) und erläutert ausgehend davon die Entwicklungen in der gesamten Szene.

Ein sinnvolles Vorgehen, das dem Betrachter natürliche Ankerpunkte gibt und den Crossover-Charakter der Szene gut widerspiegelt. So steht z.B. auf einem der vielen gezeigten Plakate: „Everyone here is in a band“ oder Filmer Nick Zedd sagt an einer Stelle: „Most of us were actors anyway, in our lives.“

 

"I like your hair, do you play an instrument?"

Pat Place in „Blank City“

 

Das Thema des leidenden Künstlers, der allen Limitierungen zum Trotz sein Werk erschafft wird hier nicht nur ausgereizt, sondern als Idealbild der Szene dargestellt. Der Satz „Technique was hated.“  fällt und nimmt eine zentrale Stellung ein. Denn damit beginnt die womöglich ungewollte Dekonstruktion dessen, was heute bisweilen stark glorifiziert wird. Was zunächst wie der feuchte Traum eines jeden Hipsters anmutet, erweist sich im zweiten Blick als Zerrbild der Wirklichkeit. Die Szene feiert sich und ihren Dilettantismus (der hier oft als Nihilismus verkauft wird) selbst.

Natürlich hat sie einige langlebige und brillante Künstler wie Jim Jarmusch, Steve Buscemi oder Sonic Youth hervorgebracht. Aber das kann nicht darüber hinweg täuschen, dass viele der Akteure wohl eher aus hedonistisch-modischen Motiven handelten oder Ihren Drogentrips einfach nur freien Lauf gelassen haben. Das Drogen eine zentrale Rolle auch in dieser Szene gespielt haben, bedarf keiner weiteren Erwähnung. Zarte Kritik daran wird auch geübt, aber die ist im Gegensatz zu den Drogen von damals dosiert genug um das Gesamtbild nicht zu sehr zu stören.

Mit der medialen Aufmerksamkeit, welche die Szene über die Jahre bekam, schlichen sich Spannungen ein, da einige Künstler sich (in gewisser Weise) professionalisierten und natürlich auch finanzielle Erfolge feierten (z.B. Jean-Michel Basquiat).

Hier hätte Danhier ihre rosa Brille mehr aus dem Gesicht ziehen können. Doch sie belässt es bei Einzelaussaugen und Andeutungen anstatt hier das Selbstverständnis der Szene in Frage zu stellen. Das Phänomen von der Szene die den Künstler verstößt, den sie erschaffen hat ist nicht neu, doch hätte es hier sicher einige interessante Aussagen geben können.

Die politische Kompenente hinter all den Ereignissen lässt Danhier keineswegs ausser Acht. So wird zum Beispiel das Thema Frauenbewegung / Feminismus angesprochen, aber alles in allem bleibt die Politk recht plakativ. Zumal weder dem No Wave Cinema noch dem Cinema of Transgression eine bewusst politische Ausrichtung zugeschrieben wird. Sie wollten alle nur Geschichten erzählen, heisst es an einer Stelle.

 

"You killed me first"

 

Anfangs schon hier und da aufgeblitzt, wird AIDS im letzten Drittel der Dokumentation ein wichtiges Thema. Die Krankheit rafft viele der Akteure von damals dahin und sorgt für On-Screen Tränen. Das freie zügellose Leben in Manhattan neigt Mitte der Achtziger sich rasant dem Ende zu.

Der inzwischen äußerst hippe Stadtteil fällt dem ewigen Fluch der Gentrifizierung zum Opfer. Wohnungen werden geräumt, die Mieten steigen, ab jetzt kommen die Touristen. Schlussendlich wird der Aufstieg von MTV zeitgleich mit dem Ende von Downtown Manhattan gesetzt. Warum genau, das wird nicht erläutert, es muss nur als Sinnbild funktionieren.

Ganz zum Schluss versucht Danhier sich noch an einer Art Statement zum digitalen Zeitalter und der Demokratisierung durch das Internet. So relevant und brisant das Thema auch ist, es wirkt hier etwas gewollt und deplatziert. Vor allem weil die Aussagen aus den Mündern dieser durch und durch analogen Künstler sehr vage bleiben.

 

"Most of us are actors anyway"

 

New York gilt auch heute noch als unheimlich coole Stadt. Dies ist neben der äußerst lebhaften, kreativen Szene auch dem Umstand geschuldet, dass sich unsere ach so post-moderne Zeit modisch-stilistisch aus der Vergangenheit speist. Das Manhattan, dass Danhier hier präsentiert ist der feuchte Traum eines jeden Hipsters (minus MacBooks). Somit kann Blank City als Blaupause für Stil und Gestus für viele dienen, denn „most of us were actors anyway, in our lives“, siehe Facebook, Instagram und youtube.

Céline Danhier hat irgendwann mal Jura studiert, das fand sie dann doof und ist von Frankreich nach New York gegangen um eine Dokumentation über Underground-Künstler zu drehen.

Ob sie damit diesem retro-romantischen Traum möglichst nahe kommen möchte, das kann ich nicht abschließend beurteilen. Ganz von der Hand weisen lässt sich diese Vermutung aber nicht, zu stark sind die Parallelen zwischen der Macherin und den Akteuren, zwischen der Verfasserin und den Geliebten. Und natürlich findet sich unter den Danksagungen auch Karen O (Frontfrau der YEAH YEAH YEAHS). Eine Frau die man mit Fug und Recht als Enkelin der „Blank City“-Generation bezeichnen kann. 

Dass Danhier  wiederum ein Kind des MTV-Zeitalters ist, zeigt die unsägliche Darstellung von Plattencovern, Plakaten, etc. mit Morpheffekten und allerlei Stilisierungs-Dingelings. Eine Technique, die ich jetzt mal hate.

 

Unterm Strich kann man froh sein, dass man nicht alle der erwähnten Filme gesehen haben muss. Da scheint viel unsäglicher Kram dabei zu sein. Im Abspann werden sie alle aufgelistet, so dass der geneigte Film-Nerd fleissig mitschreiben kann.

Die Deleted Scenes und vor allem die Outtakes seien jedem ans Herz gelegt. Persönlicher Favorit ist die Szene in der sich Nick Zedd, Mastermind des Cinema of Transgression, anno 2009 über eine Kakerlake ekelt.

 

 

(c) Rapid Eye Movies/Vimeo

 

 

Infogehalt Atmopshäre Musik Besetzung
Film DVD-EXTRAS

Gesamtwertung: Guido, 9 Punkte

 

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