H - Album


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Band: HEDNINGARNA
Titel: 1989-2003 (Best Of)
Label: Silence Records / Westpark Music
Homepage: www.cabal.se/silence/nyhedning/
Stil: Experimental Folk / schwedischer Waldgroove
VÖ:  22.09.2003
Spieldauer: 18 Tracks / 77:39 min.

 

Oh je, oh je…will man ein anständiges Review über HEDNINGARNA schreiben, muss man sich wirklich was bei denken, zumindest in diesem Falle, denn einfach zu beschreiben ist diese Platte keineswegs. Im vorliegenden Best Of- Album spiegelt sich die absolut vielschichtige Entwicklung des schwedisch-finnischen Folk-Sextetts wieder und beim ersten Hören kann man da eigentlich gar nix drüber sagen, weil zumindest mir die Melodien und die Mischung verschiedenster Stilelemente extrem ungewöhnlich vorkam und somit die Ohrknöchelchen erstmal heillos überfordert waren. Aber gut, nun ran an den Speck, die Platte hat sich schließlich in meine Top 10 eingeschlichen! J

Die Platte bietet einen Überblick über die bisher fünf Alben und zwei neue Stücke von 2003. In manchen Songs hört man Synthie-Klänge, die Richtung Ambient/Trip weisen, dann finden sich Akustikklampf-Elemente, die sehr folkloristisch auszuzeichnen sind. Im nächsten Stück gibt’s dann auch mal eine E-Gitarreneinlage. Beeindruckend sind die extravaganten Gesangslinien der Sängerinnen, die aus der nordfinnisch-sibirischen Folklore adaptiert sind, und die ungewöhnliche Rhythmik.  Ich muss vorab festhalten, dass ich HEDNINGARNA nicht mit anderen Bands vergleichen werde, weil ich keine anderen Bands kenne, die genauso variabel in alle Richtungen der Musik- und Gefühlswelt eindringen. Kenner werden mich verstehen.

Der Opener ‚Tuuli’ vom ‚94er Album ‚Trä!’ entführt in ursprünglich und naturbezogen wirkende Klangwelten, die mit TripHop-Elementen angereichert sind. Sehr tanzbares Stück, das auf keiner Mittelalterparty fehlen sollte. Weiter geht’s relativ poppig, irgendwie kauderwelschig-lustig und mit typischen Mittel-/Südeuropa-Dance-Beats gesättigt; auf jeden Fall weniger atmosphärisch aber umso exotischer (‚Suet Ulvo’ und ‚Kruspolska’). Ab Track 4 ändert sich der Musikkosmos, schwankt wieder in urtümliche, akustische und Mediaeval-Grooves um, aber immer ist irgendwo im Hintergrund (oder auch im Vordergrund) moderne Elektronik eingebettet. Schon nach vier Liedern wird mir bewusst wie kunterbunt der Klangteppich ist, den die Nordmannen und –Frauen da produzieren; um HEDNINGARNA kennen zu lernen reicht es nicht, ein Album in den Gehörgang einzutrichtern, weil jeder Longplayer an sich total eigenständig ist. Im weiteren Verlauf der CD kommt dann wieder die Wald-, Wiesen-, Nacht- und Feueratmosphäre auf, mit der die Scheibe begonnen hat.  Wobei ich noch mal klarstellen muss, dass es sich hier nicht um Ambient-Gedöns handelt, das auf Teufel komm raus versucht, die ganze Zeit so weltentrückt wie möglich zu wirken: Wir haben es hier mit Liedern zu tun, die den manchmal wirklich übersinnlich werdenden Stellen zum Trotz absolut menschennah sind, die Erde, Wasser, Feuer und Luft verkörpern aber auch Lachen, Tanz, Gemeinschaft, Wärme…Sowohl melancholische wie fröhliche Parts bestehen, also kann man auch kaum von melancholischer oder Sonnenscheinmusik reden.

Ab Mitte der Scheibe wird’s wieder sehr altertümlich, vor allem der Gesang erinnert an die Melodien von nordischen Stämmen aus grauen Vorzeiten, außerdem hört man manch ein altes, urtümliches Instrument heraus (Bordun, Leiern…). Track 11 (‚Fulvalsen’) dürfte der MIttelalterrock-Fraktion ganz gut reinlaufen, ein vergleichsweise eingängiges Stück, mit viel Bass, Gitarre und etwas Dudelsack-Ähnlichem, sind da die Hauptträger. In der History von HEDNINGARNA ist das der Zeitpunkt kurz vorm Gewinn des schwedischen Grammy (1992/93).

Erstaunlicherweise ist das darauf folgende Stück ‚Juopolle Joutunut’ vom gleichen Album (‚Kaksi!’), das dann wieder sehr kauzig klingt und man von grinsen muss (sehr schneller Takt, sehr krasser Frauengesang).

Das 94er Stück ‚Gorrlaus’ bleibt bei dem altnordischen Gesang, wird aber umschmückt mit mittelalterlich-weltmusikalischer Taktstruktur und wenig ausschweifender Instrumentalisierung. Wieder so ein Stück für Mittelalter-Compilations. Danach begibt man sich auf eine Zeitreise zurück in die Gegenwart, ein Song der vielleicht bei TripHop-Hörern und Goa-Freaks Anklang findet (‚Höglorfen’), und Batz...wieder zurück ins frühe Mittelalter. Es sind viele Arrangements nach traditionellen Vorlagen kreiert, ebenso die zwei letzten Exemplare, zwei sehr melancholische, wunderschöne Instrumentalstücke.

Mein Schlussplädoyer: HEDNINGARNA machen qualitativ absolut hochwertige, talentierte, anspruchsvolle Musik zwischen Folk, Mittelalter, Pagan, Jazz und Trip Sound. Man braucht auf jeden Fall seine Zeit um sich reinzuhören, aber ich denke Leute, die sich von diesen Metiers angesprochen fühlen, sollten sich dieses bewundernswerte Teil auf jeden Fall zulegen, da es wirklich ein Kleinod einer jeden CD-Sammlung sein dürfte und man lang seine Freude damit hat, weil man die Lieder immer wieder neu entdecken kann. Dies ist mein erstes Review und ich habe gleich Glück eine so vollendete Platte besprechen zu dürfen - yippie!

Maroni, 12 Punkte

 

Die Songs:

 

1.  Tuuli
2.  Suet Ulvo
3.  Kruspolksa
4.  Tina Vieri
5.  Chicago
6.  Ukonen
7.  Dolkaren
8.  Vettoi
9.  Viktorin
10.Navdi/Fasa
11.Fulvalsen
12.Vottikaalina
13.Juopolle Joutunut
14.Gorrlaus
15.Höglorfen
16.Neidon Laulo
17.Skane
18.Björnlaten

 

 


 

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