A- Album |
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Wenn eine Scheibe gleich mit den ersten Klängen so viel Unbehagen verursacht, wie das neue AGRYPNIE-Werk “Aetas Cineris”, dann sollte man durchaus überlegen, ob man sich dem alsbald folgenden Unheil stellen will, oder nicht. Das gewaltige und epochale Klavierintro zum ersten Song ‘Trümmer / Aetas Cineris’ eröffnet dem inneren Auge jedenfalls das Bild, als sei es auf einem über die Jahrzehnte gealterten, natürlich verstimmten und beinahe zerfallenen Flügel eingespielt worden, der in einer ebenso vom Untergang bedrohten Ruine seine letzte Heimstätte gefunden hat. Es liegt so viel Gewicht auf diesen ersten Klängen, dass man durchaus mit dem Gedanken spielt, alleine dieser doch klitzekleinen Facette von “Aetas Cineris” eine eigene Rezension zu widmen. Im Zuge ebenjenen Unterfangens würde man aber doch auch dazu übergehen, den folgenden furiosen und aufbrausenden Elementarschaden, der von der Unbarmherzigkeit dieses insgesamt paralysierenden Auftakts verursacht wird, aufzunehmen und zu beschreiben. Gewisse Fragmente, über die dieser Song leider etwas stolpert, sind gar zu eingängige, und melodische Passagen, die ganz und gar nicht notwendig gewesen wären. Versteht mich hier nicht falsch, aber etwas mehr Mut zur Hässlichkeit wäre an der einen oder anderen Stelle sicher sehr gut gewesen, vor allem nach einem solch unglaublich starken Beginn. Gegen Ende erfährt der Song noch einmal eine Steigerung, die durch MY DYING BRIDE-Reminiszenzen von sich reden macht, wenngleich diese lange nicht so doomig ausfallen. ‘Trümmer / Aetas Cineris’ gleicht dem letzten Aufflackern einer Seele, die dem Tod in dessen Fratze schaut.
Danach kommt der ‘Dezember’ als fast elfminütiges Kapitel mit all seiner Schwermut und Endgültigkeit. Etwas mehr im Vordergrund finden wir Sänger Torsten, der einem schlaflosen Zombie gleich seine Verzweiflung in die Welt hinaus schreit. Ansonsten ist die Wirkung des gleichnamigen Monats auf diesen Song unverkennbar. Stimmungsvoll, atmosphärisch, kalt, ja beinahe tot. ‘Zurück’ klingt mit seinen acht Minuten wie eine kraftvolle Black Metal-Ballade (man verzeihe mir diese Wortkreation) voller Pathos. Eine Abwechslung, die so früh noch nicht nötig war, aber ihr Achtel zum großen Ganzen beiträgt. Das folgende, ebenfalls achtminütige Instrumentalstück ‘Kosmos [Alpha]’ wirkt vor allem direkt nach der eher getragenen „Ballade“ deplatziert, wenngleich der Inhalt nachvollziehen lässt, weshalb dieser Song die erste Hälfte von “Aetas Cineris” abschließt. Wunderbar hingegen und daher auch umso ergreifender ist der melodische Verweis im letzten Drittel des Instrumentalstücks, welcher den zuvor so ausführlich beschriebenen Eröffnungssong beziehungsweise die Melodie seiner ersten Strophe zumindest in Ansätzen noch einmal aufgreift.
Einleitend für die zweite (an dieser Stelle übrigens frei erfundene) Hälfte des Albums wirkt der Song ‘Gnosis’ vermutlich aufgrund der zuvor reduzierten und ruhigen Klangwelt auf eindrucksvolle Weise, wenngleich er in der Tat nicht einfach von der “Asche”-EP seinen Weg auf dieses Album gefunden hat. Schwermütig und mit viel Doom im Blut wird ‘Erwachen’ wie zuvor ‘Gnosis’ ebenfalls in neuem Soundgewand zum Besten gegeben. Beide Neuaufnahmen sind dabei wohl grundsätzlich dem künstlerischen Hang zum Perfektionismus geschuldet, könnten aber tatsächlich diesem Werk entsprungen sein. Knapp elfeinhalb Minuten dauert die vorletzte ‘Sinnflut’ auf “Aetas Cineris”. Wie schon einige Songs zuvor gehen AGRYPNIE hier sehr episch und tragend zu Werke. Jünger der Band werden spätestens hier untergehen. Zwischendurch blitzt hier die unbändige Stärke der ersten Riffs noch einmal auf. In der Tat wünscht man sich des Öfteren auch druckvollere und zügellosere Stücke, die auch mit mehr Reibung die Gehörgänge aufkratzen.
Doch “Aetas Cineris” ist zu
großen Teilen etwas anderes, etwas Episches, etwas Glanzvolles. Etwas, das
seine Kraft aus der Ruhe schöpft und in einigen Momentaufnahmen die entspannte
Stimmung durchbricht. Gegen Ende wandelt sich die ‘Sinnflut’ zu einem ruhigen
Instrumentalstück, das dem Hörer einen Hort zum Rückzug bietet. So
bedeutungsvoll und ausdrucksstark wie das Wort selbst leitet ‘Asche’ das Ende
des neuen AGRYPNIE-Albums ein. Traurige und doch hoffnungsvolle Akustikgitarren
bilden über zwei Drittel hinweg den Kern dieses Stücks, bevor zum Ende hin noch
einmal schleppende Riffs für einen herrlich epischen Ausklang sorgen.
“Aetas Cineris” ist zweifellos ein großes Album, welches den Hörer durch eine
schwarze, manchmal auch aschgraue Welt geleitet. Es vereint Trauer mit viel
Wut, Verzweiflung und Schmerz, trägt aber auch eine kräftige Glut in sich,
deren Funken einige Male ihre weitreichende Wirkung entfalten.
Marcel, 10 Punkte
sonstige Reviews:
Exit (2008)
F51.4 (2006)
Die Songs:
1. Trümmer / Aetas Cineris
2. Dezember
3. Zurück
4. Kosmos [Alpha]
5. Gnosis
6. Erwachen
7. Sinnflut
8. Asche
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