Mit "Krimi" habe ich bisher immer billige Groschenromane oder Edgar Wallace in Verbindung gesetzt. Was James Ellroy hier abliefert ist aber ein ganz anderes Kaliber!
"Die schwarze Dahlie" ist wirklich ein besonderer Roman, der die Grenzen des Krimi sprengt und sich einige Ausflüge ins Thriller Genre leistet. Für den Autor selbst war die Erschaffung dieses Werkes ebenfalls etwas besonderes. Er verarbeitet darin den Tod seiner Mutter, die, als er zehn Jahre alt war, vergewaltigt und ermordet wurde.
Es ist ein Buch über Freundschaft und Verrat, über menschliche Abgründe, Boshaftigkeit, wilde Obsessionen und den Wahnsinn der täglichen Polizeiarbeit im Los Angeles der 40er Jahre.
Über 100 Seiten lang wartet man darauf, das die schwarze Dahlie in Erscheinung tritt, aber diese 100 Seiten sind prall gefüllt mit dem Leben der anderen Protagonisten. Bucky Bleichert, ehemals Mittelgewicht, Lee Blanchard, ehemals Schwergewicht, die sich finden und Partner beim LAPD werden, und Kay - die mysteriöse Freundin von Lee.
Sie alle bewegen sich durch einen Sumpf aus Korruption, Gewalt, Sex und Geheimnissen, die alle bis zum Ende des Romans aufgelöst werden. Und das ist das große Plus dieses Buchs:
Nichts, aber auch gar nichts bleibt offen! Egal, wie unbedeutend die Fakten auf den ersten Blick erscheinen, alles gehört zu einem großen Puzzle und wird nach und nach offen gelegt, bewertet, neu betrachtet, neu bewertet und dann schließlich an der richtigen Stelle in der Geschichte abgelegt. Es war schon eine weile her, dass ich den Roman gelesen hatte und ich wollte nur mein Wissen nochmal kurz auffrischen und durchblättern, damit ich dieses Review schreiben konnte.
Keine Chance! Ich war gefangen, wie beim ersten mal. Ich mußte die Geschichte um das "leichtsinnige" Mädchen, das in die große Stadt LA kommt um Karriere beim Film zu machen und dort einen grausamen Tod findet von Anfang bis zum Ende lesen.
Alles beruht auf einer wahren Geschichte. Der Mord an der jungen Elisabeth Short im Januar des Jahres 1947 in Los Angeles hat wochenlang die Medien beschäftigt und hunderte von Polizisten waren auf den Fall angesetzt. Er wurde nie gelöst! Es ist ein solch abscheuliches Verbrechen, dass man selbst in der heutigen Zeit, wo man Thriller wie "das Schweigen der Lämmer" kennt oder Hammerstreifen wie "der Knochenjäger" einem das Blut gefrieren lassen nicht anders kann, als einige Male zu schlucken und voller Grauen weiter zu lesen.
Bucky Bleichert und Lee Blanchard nehmen das Verbrechen persönlich. Beide haben die Tote zwar nie gekannt, aber beide entdecken Verbindungen und Parallelen zu ihren eigenen Lebensgeschichten und machen sich auf die Jagd nach dem Mörder, ohne Rücksicht auf Verluste.
Man hat mehrmals das Gefühl, dass der Fall nun aufgeklärt ist, aber dann kommt immer noch eine Wendung und noch eine und am Ende, wenn das ganze Puzzle fertig da liegt atmet man tief durch und denkt:
Wow, was für ein Hammer-Roman!
Ich kann das Buch wirklich jedem empfehlen, der auf gute Kriminalromane oder die Thriller von Thomas Harris steht.
Stefan
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